Die Gründungsiniative für die „Wissenschaftliche Gesellschaft zu Toruń“ geht auf Zygmunt Działowski, einen Grundbesitzer aus Mgowo, zurück. Es ging ihm dabei um die Schaffung einer polnischen Sozialwissenschaft. Gründer der Gesellschaft waren deshalb am 16. Dezember 1875 mehrere Grundbesitzer, zwölf Kleriker um den Frater Stanisław Kujot sowie zehn Ärzte, unter ihnen mit Louis Rydygier ein bekannter Chirurg. Die Bibliothek, die Ausgaben für die wissenschaftliche Forschung, Hinweise auf weitere wissenschaftliche Aktivitäten und die Veröffentlichung von Forschungserträgen werden in der Satzung als Hauptziele des „Wissenschaftlichen Vereins zu Toruń“ unter der Leitung von Kwidzyń aufgelistet. Erster Präsident der Gesellschaft war Ignatius Łyskowski, Grundbesitzer und national bekannt als Sozialaktivist. Zygmunt Działowski wurde hingegen mit der Wahl zum Präsidenten der Abteilung für Geschichte und Archäologie geehrt.
Hauptziel der TNT war es, historische Forschung zu betreiben, vor allem in Bezug auf die Danziger Pommern. Dieses Ziel wurde eng mit der Tendenz, das nationale Bewusstsein der Polen durch Widerstand gegen einseitige Meinungen der deutschen Wissenschaft weiter zu formen, verbunden. Die „Wissenschaftliche Gesellschaft“ hatte 1880 bereits 136 Mitglieder, die sich in drei Abteilungen 1) der Geschichte und Archäologie, 2) der Theologe und 3) der Medizin und Naturkunde widmeten. Bereits im Jahr 1876 wurde ein kleines Museum mit einer archäologischen und literarischen Sammlung gegründet, aus der später die Bibliothek hervorging. 1878 erschien dann der erste Band der „Jahrbücher der Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Toruń“, unter anderem mit Artikeln des Archäologen Geoffrey Stanisław Ossowski und des Theologen Kujot, zwei weitere Bände wurden 1880 bzw. 1884 veröffentlicht. 1881 begann dann der Bau der räumlichen Niederlassung, der unter der Ägide der Aktiengesellschaft „Museum“ durchgeführt wurde. In diesem Gebäude wurden schon 1882 im Museum Sammlungen ausgestellt, in der Bibliothek Bücher gesammelt bzw. in den verschiedenen Räumlichkeiten Sitzungen der einzelnen Organe durchgeführt, Vorträge gehalten und Tagungen für Polen aus Toruń und der Umgebung vorbereitet. Über einen kurzen Zeitraum hinweg gab es sogar ein Restaurant und ein Hotel.
Die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts zeigen in ihrem weiteren Verlauf allerdings eine deutliche Verringerung der Aktivitäten der TNT. Dies war vor allem auf einen Mangel an prominenten Persönlichkeiten wissenschaftlichen oder organisatorischen Profils sowie zunehmenden Druck von Seiten der Deutschen zurückzuführen. Erst der Initiative von Frater Stanisław Kujot, der deshalb auch die Präsidentschaft übernahm, führte zur Wiederbelebung der Aktivitäten der „Wissenschaftlichen Gesellschaft“. So erschien 1897 erstmals wieder eine Ausgabe der „Jahrbücher“. Im Jahre 1919 verfügten die „Jahrbücher“ bereits über 25 Bände, die durch die Studie von Anton Prochaski und Stanisław Kujot über den „Großen Krieg des Deutschen Ordens und die Schlacht von Grunwald“ gekrönt wurde. Kujot hat außerdem die Veröffentlichung der Serie „Quellen“ (Fontes) initiiert, wozu er zwischen 1897 und 1899 drei Bände zum Archidiakonat Pommern am Ende des 16. Jahrhunderts beisteuerte. Weitere Publikationen, die er zusammen mit seinen Mitbrüdern W. Pobłocki, Bruno Czapł, Paweł Czaplewski und P. Panske herausgab, galten der Diözese Kulm mit dem Archidiakonat Kamien (Kamin) sowie der Erzdiözese Gnesen mit den Bezirken Bytów und Lębork (Bütow und Lauenburg in Pommern). Mit dem Überblick über die „Steuersätze in Königlich Preußen (1682-1919)“ von W. Kętrzyński lagen am Ende des Ersten Weltkriegs insgesamt bereits 23 Bände der „Fontes“ vor.
1908 kam es zur Eröffnung einer dritten Reihe von Veröffentlichungen, nämlich der Vierteljahresschrift „Anmerkungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Toruń“. Das zugehörige Konzept, das Frater Kujot ausformulierte, bestand in einer sorgfältigen sozialwissenschaftlichen Analyse, einer Ausrichtung an der Quelle, einer argumentativen Begründung von Polemiken und Bewertungen sowie einer Wiedergabe der wichtigsten Aktivitäten der TNT. Bei den Zapiski Historyczne handelt es sich um die erste polnische wissenschaftliche Zeitschrift, die sich zumeist historischen Themen aus Westpreußen widmet. Nach dem Tod von Pater Kujot († 5. Dezember 1914) fungierte Paweł Czaplewski als Herausgeber.
Auch mit dem Ableben von Stanisław Kujot ließen sich die Aktivitäten der TNT nicht mehr stoppen. Nach ihm amtierten nacheinander Bruno Czapla und Paweł Czaplewski als Präsidenten, bis es am Ende des Ersten Weltkriegs zur Befreiung Polens kam. Aus diesem Anlass erschien in den „Jahrbüchern“ von 1919 ein „Überblick über die Geschichte der polnischen Staatsangehörigkeit in Königlich bzw. Herzoglich Preußen“, und zwar ins Französische übersetzt. Dieser Artikel diente nämlich den Bedürfnissen der polnischen Delegation bei der Friedenskonferenz in Versailles.
Die Übernahme des wiedergeborenen polnischen Staatsgebiets mit einem an Umfang gewachsenen Weichsel-Pommern im Januar/Februar 1920 und die Schaffung der Provinz Pommern mit Toruń als Hauptstadt brachten für die „Wissenschaftliche Gesellschaft zu Toruń“ veränderte Ziele und Rahmenbedingungen. Unter den Mitgliedern herrschten nicht mehr der Klerus und die Grundbesitzer vor. Die größte Gruppe stellte nun stattdessen die städtische Intelligenz: Beamte, Gymnasiallehrer, Mitarbeiter von Bildungseinrichtungen, Rechtsanwälte und Ärzte sowie Schriftsteller und Künstler. Präsident der TNT war in den Jahren zwischen 1920 und 1923 Dr. Joseph Łęgowski. Sein Nachfolger war allerdings mit Alfons Alfons Mańkowski, der die Gesellschaft bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs leitete, wieder ein Priester. Unter den neuen Aktivisten befand sich neben Frater Władysław Łęga auch Dr. Zygmunt Mocarski. Letzterer war nicht nur bibliophil, sondern auch ein äußerst effiziente Veranstalter. In dieser Zeit arbeiteten nämlich alle Organe der „Wissenschaftlichen Gesellschaft“ gemeinsam aktiv an der Gestaltung der Stadtbibliothek im Gebäude der Gesellschaft, die 1923 dorthin auch ihre eigenen Bücher verbrachte und in einem eigenen Depot aufhob, mit. Bereichert wurde die Sammlung des Museums um Ressourcen des Stadtmuseum im Alten Rathaus, welche 1930 im Gebäude der TNT hinterlegt wurden. Die TNT nahm auch Einfluss auf die richtige Organisation des Stadtarchivs und strebte ein Pommersches „Wissenschaftsinstitut“ als Kern einer künftigen Universität in Toruń an. 1934 wurde sie zudem Mitglied des „Rates Wissenschaftlicher Vereinigungen für künstlerische, wissenschaftliche und kulturelle Belange des Landes Pommern“, welcher gleichzeitig vom Präsidenten der „Wissenschaftlichen Gesellschaft“ geleitet wurde.
Unterdessen verfolgte die Gesellschaft seit 1920 wieder systematisch ihre primären statuarischen Ziele – Forschung und Publikation. In den „Jahrbüchern“ wurden bis 1939 17 Bände sowie 26 kleinere Abhandlungen zur Geschichte und Archäologie veröffentlicht. In der Reihe „Quellen“ erschienen elf Bände sowohl zum Mittelalter als auch zur Neuzeit. Besondere Erwähnung verdienen hiervon die Herausgabe der „Ältesten Bücher der Altstadt von Toruń (Thorn)“ durch K. Kaczmarczyk, der Auflistung der „Warenvorräte von Bistum und Domkapitel zu Chełmno (Kulm) im 17. und 18. Jahrhundert“ durch Frater A. Mańkowski, die Edition des so genannten „Theudenkus-Buchs zum Dreizehnjährigen Krieg“ durch L. Koczy sowie die Veröffentlichung der „Königlichen Überprüfung von ganz Königlich Preußen von 1664“ durch J. Paczkowski. Das Ganze schlug sich allmählich auch in den „Anmerkungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Toruń“ nieder. Durch eine sorgfältige Auswahl der Autoren verändert und um die Abteilung „Werkstatt und Bewertung“ bereichert, entwickelten sich die „Anmerkungen“ zu einer landesweit angesehenen wissenschaftlichen Zeitschrift, die zudem seit dem 11. Band von 1939 mehrere Untergliederungen erhielt: Die „Vierteljahresschrift“ widmete sich beispielsweise der Geschichte von Pommern, während als neue Untergliederungen Studien zu „prähistorischen Tieren“, zur „Erforschung der pommerschen Natur“ (je ein Band von 1939) und zur „Flora Pommerns und an der Ostsee“ (drei Bände von 1937) hinzukamen.
Im Zweiten Weltkrieg verboten dann die Besatzungsbehörden die Herausgabe weiterer Bände und lösten schließlich die „Wissenschaftliche Gesellschaft zu Toruń“ auf. Das Vermögen wurde beschlagnahmt und die Büchersammlung durch die „Stadtbibliothek Toruń“ erworben. Ihr Leben verloren in diesen Jahren mehr als fünfzig Mitglieder und ihr Präsident, Fr. Alfons Mańkowski, starb 1941 im Konzentrationslager Stutthof. Nach dem Krieg wurden die Bücher aber aufgrund der aufrechten Haltung von Dr. Otto Freymuth, dem Direktor der in der Stadtbibliothek gespeicherten Ressourcen, an die TNT zurückgegeben.
Am 17. Juli 1945 fand die erste Generalversammlung des Vereins nach dem Krieg statt. Zum Präsidenten des neuen Verwaltungsrats wurde Frater P. Czaplewski gewählt. Die Schaffung der Nikolaus-Kopernikus-Universität führte zu einer grundlegenden Veränderung der Situation der TNT, die durch Assoziation mit Liebhabern der Wissenschaft begann, in eine Art Beteiligungsgesellschaft von Wissenschaftlern umgewandelt zu werden. Änderungen in der Satzung bestätigten 1946 diesen Zustand. Als Mitglieder der neuen Fakultäten: I - Geschichtswissenschaft, Rechts-und Sozialwissenschaftliche Fakultät, II - Philologie und Philosophie und III - Mathematik und Naturwissenschaften, kamen nur unabhängige akademische Wissenschaftler in Betracht. 1964 wurde dann die Fakultäten Rechts- und Sozialwissenschaften voneinander getrennt. Innerhalb der Abteilungen arbeiteten nun zahlreiche Fachausschüsse, in denen sowohl Mitglieder des Lehrkörpers als auch ordentliche Mitglieder zusammengezogen wurden.
1948 wurde der bedeutende Literaturhistoriker Konrad Górski aus Vilna als erster Präsident gewonnen, der jedoch nach nur einem Jahr auf Druck der kommunistischen Behörden von dieser Position wieder zurücktrat. Neuer Präsidenten wurde stattdessen mit Professor Władysław Dziewulski ein Astronom. 1957 wurde Professor Górski aber erneut zum Präsidenten gewählt und blieb es bis 1983. Seit diesem Jahr amtierte Prof. Dr. h.c. Marian Biskup als Präsident der „Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Toruń“, ehe ihn Prof. Dr. hab. Andrzej Woszczyk († 17. Juli 2011) 2004 in dieser Funktion ablöste. 2015 wurde Prof. Dr. Andrzej Radzimiński als Präsident gewonnen.
In der Nachkriegszeit wurden die Aktivitäten der TNT aus verschiedenen Quellen finanziert. Anfangs waren dies die Zentralstellen, aber schon 1951 übernahm die „Polnische Akademie der Wissenschaft“ Finanzierung und Schirmherrschaft über die TNT. Seit 1965 wurde die „Wissenschaftliche Gesellschaft zu Toruń“ in zunehmendem Maße, aber zumeist unzureichend aus dem Haushalt der Provinz Bydgoszcz (Bromberg) finanziert. Etwas mehr Geld erhielt sie seit 1975 aus dem Regionalbüro der Provinz Bydgoszcz in Toruń. Seit 1990 fließen keine ständigen Subventionen mehr aus dem Staatshaushalt an die TNT.
Trotz finanzieller Schwierigkeiten wird die TNT nach wie vor gesucht, um das Geschäft mit Veröffentlichungen auf einem hohen Niveau zu halten. Bereits im Jahre 1946 erschienen die ersten „Jahrbücher“, „Quellen“ und „Anmerkungen“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Letztere tragen seit dem Jahr 1955 den Namen „Historische Anmerkungen“ und geben seit 1960 zusätzlich eine jährliche „Bibliographie zu Ost- und Westpommern sowie den Ländern der Ostseeregion“ heraus. 1948 wurde zudem die Serie „Vorhistorische Arbeit“, womit „Archäologische Beiträge“ gemeint waren, eröffnet. Es gibt als neue Serien „Arbeiten der Fakultät für Philologie und Philosophie“ (seit 1948) bzw. die „Studien der Wissenschaftlichen Gesellschaft zu Toruń“, die 1951 in mehrere Sektionen unterteilt wurde, außerdem die „Juridischen Studien“ (seit 1962), die bis 1964 unter den „Arbeiten der Fakultät für Geschichte“, später aber als selbständiges Organ der Fakultät IV erschienen. Seit 1948 kommen zudem alljährlich die „Berichte der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Toruń“ heraus, wobei die biografischen Informationen zu Mitgliedern der Abteilungen und die Zusammenfassungen ihrer Arbeiten in der Regel auf die verschiedenen Abteilungen und Ausschüsse bezogen verzeichnet werden. Viele Artikel erschienen aber auch außerhalb der eigentlichen Reihe. Die wichtigsten davon sind: Die vielbändige „Geschichte von Thon“, die beiden Alben „Toruń – Stadt und Menschen in alten Fotos“ bzw. „Die Städte Toruń und Kulm in Zeichnungen von J.F. Steiner“ sowie die „Geschichte Pommerns“, Bd. 4, Teile 1 und 2. Insgesamt hat das Unternehmen seit 1946 mehr als 1.000 Titel, darunter mehrere tausend kleinere und größere Werke, veröffentlicht. Einige von ihnen dienen der Popularisierung und werden deshalb in der Reihe „Bildungsarbeit“ herausgegeben. Als besonders beliebt erwiesen sich als Bd. 17 die „Bibliothek des Kopernikus“ sowie die „Denkmäler aus Nordpolen“ mit mehreren Bänden. Als Teil dieses Zyklus‘ sind vor allem die kurzem Monografien „Die Marienkirche in Toruń“, „Die Jakobskirche in Toruń“ und „Die Kathedralbasilika des heiligen Johannes“ zu erwähnen.
Seit vielen Jahren (genauer gesagt, seit 1946) forscht die „Wissenschaftliche Gesellschaft zu Toruń“ zu verschiedenen Bereichen des Wissens. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden zumeist auch veröffentlicht. Unter den Aktivitäten der TNT verdienen überdies die Zusammenkünfte von vielen Organisationen und die wissenschaftlichen Konferenzen besondere Aufmerksamkeit. Bereits im Jahr 1947 organisierte die „Wissenschaftliche Gesellschaft“ einen Historikerkongress zur Geschichte von Pommern und Preußen, in den Jahren 1953 und 1973 folgten Konferenzen zu Nikolaus Kopernikus. In den Jahren danach waren internationale oder landesweite Sitzungen der „Deutschen und Polnischen Geschichtsschreibung zum Danziger Pommern“, der Bearbeitung von „Quellenmaterial zu Pommern“, der „Situation in den nördlichen Ländern der Republik in der Zeit der Teilungen“ sowie „Aktuellen Fragen aus Recht und Medizin“ gewidmet. Seit kurzem beteiligt sich die TMT auch an der Organisation der so genannten „Toruner Kolloquien“ (Colloquia Thorunensia).
Auch eine andere Form der Aktivität der TNT sollte hervorgehoben werden. Die „Wissenschaftliche Gesellschaft“ dient nämlich als Ersatz für eigene Publikationen von mehr als hundert Forschungszentren im In- und Ausland. Als Ausfluss der Bibliothek stehen der „Wissenschaftlichen Gesellschaft“ und damit in Toruń überdies zahlreiche Ressourcen für wissenschaftliche Publikationen zur Verfügung, die um mehr als 1.500 Kopien jüngster Werke bereichert wurden. Im Jahr 2013 verabschiedete die „Wissenschaftliche Gesellschaft“ schließlich eine gründliche Reorganisation und hat deswegen sowohl die Gründungsurkunde als auch ihre Struktur verändert (vgl. etwa die Grundsätze auf der Hauptseite).
Bibliografie:
J. Serczyk, Towarzystwo Naukowe w Toruniu. Krótki zarys dziejów , Toruń 1999.
Towarzystwo Naukowe w Toruniu w latach 1976-2000 (materiały), oprac. Jerzy Serczyk, Toruń 2000.
übersetzt: Marie-Luise Heckmann